Fragt ihr euch, worum es in diesem Blog eigentlich geht?
Auch wenn das Manifest sicherlich für eine altmodische Form der Kommunikation während einer Zeit steht, in der die manuelle Druckpresse modern war, halte ich es doch in diesen Zeiten der aktiven und passiven Desinformation und Falschinformation für notwendig, den Raum der Klarheit zwischen der wissenschaftlichen Feinabstimmung der Sprache und der poetischen Vision der Metaphern mit Substanz zu besetzen.
Freilich sagt eine solche Zusammenfassung von Forderungen noch nichts über ihre Umsetzbarkeit aus. Ich bin bereits vielen Menschen begegnet, die sich allein auf die Predigt ihre Werte zurückziehen, um mit dem Wahnsinn dieser Welt fertig zu werden. Idealer Weise inspirieren diese Punkte Richtlinien des Handelns, denn nur Handeln wird die Welt letztendlich aus ihrer Paralyse befreien.
Teilt diese Ideen ruhig mit anderen…
0. Kein Bild ist jemals fertiggemalt und von der Zeit befreit. Zu lange haben wir Natur als etwas Statisches und Unüberwindbares betrachtet. Dabei scheint die einzige Konstante des Universums Veränderung zu sein. Bewahren kann man nur in Anerkennung der fließenden Struktur des Universums. Nur eine Ethik, die diese Kenntnis annimmt und nutzt, kann die Welt langfristig und nachhaltig verbessern. Eine fließende Weltanschauung jenseits des Totalitarismus und Relativismus versteht sich selbst nicht als unumgänglich, sondern als eine Verschiebung von Parametern in der Interpretation des Weltganzen.
1. Daraus folgt auch: Kein System ist alternativlos. Schönheit und Horror dieses Universums bestehen gerade darin, dass es alle Möglichkeiten gibt und immer geben wird. Es liegt aber in der Verantwortung des Menschen (nicht des Kapitals, der Natur, eines Gottes oder einer Ideologie), diese Möglichkeiten zu erkennen und zu nutzen. Keine Alternative kann sich von allein aus der Virtualität in die Realität erheben.
2. Der Mensch der Zukunft sollte Nomade im Geist sein. Ein klares Bekenntnis zur Diversität ist nicht nur eine moralische Notwendigkeit, sondern die einzige verlässliche Quelle von Stärke und Inspiration. Neues und Robustes entsteht nur aus Assemblage und Heterogenese, nicht durch die Unterdrückung oder Ausweisung des Anderen. Dies wird gelegentlich zu Konflikten führen, aber nur Neugierde bringt uns vorwärts. Der Inzest der Ewigkeit wird immer nur Verwesung werden.
3. Neben eine grenzenlose Mutation des Denkens muss eine neue Sachlichkeit im Konsum treten. Zu viele Ressourcen versinken ohne Wiederkehr in teurem Schrott, ohne einen Mehrwert oder auch nur einen Nachgeschmack zu hinterlassen.
4. Ökologie ist Effizienz. Sie steht weder für eine Rückkehr in die Subsistenzwirtschaft noch für einen überheblichen und naiven Ökofuturismus. Jenseits von Wachstumszahlen und Märkten müssen wir die Multifunktionalität und Dauer von Dingen wiederentdecken.
5. Erinnerung ist wichtig. Doch darf Vergangenheit die Zukunft nicht zur Geisel nehmen. Retromanie und Nostalgie sind Ausdruck einer prokrastinierenden Ideenlosigkeit. Nur wenn wir die Gegenwart nutzen, können wir eine Zukunft schaffen, an die gerne erinnert wird. Upcycling und Retrofuturismus, Wertschätzung von Objekten, Lebensmitteln und Personen sollten sich als Gegenentwurf zum Massenkonsum positionieren.
6. Die Avantgarde regiert an ihren Innovationen vorbei. Das 20. Jahrhundert wollte das Kunstwerk entmystifizieren. Heute hängen die revolutionären Bilder in verschlossenen Luxusapartments und erzielen die absurdesten Preise in übermenschengroßen Spekulationsluftblasen. Kunst ist Kommunikation mit Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft, keine Wertanlage.
7. Erstarrte Strukturen sind gefährlich. Ideen sollten sich wie die Evolution, die den Menschen hervorbrachte, der ewigen Veränderung öffnen. Utopie ist Praxis, keine Theorie und kein Heiligtum.
8. Zu viele Mittel zur Innovation gehören den Mächtigen. Demgegenüber steht das Open-Source-Rhizom in Vervielfältigung, Verfügbarmachung, Erhaltung und Unterwanderung zum Wohl der Allgemeinheit. Wissen darf nicht hinter ökonomischen und soziokulturellen Toren verschwinden und verschlossen werden. Vergünstigungen für Eliten gehören abgeschafft.
9. Wissenschaftliches Denken hat Vorrang. Gleichwohl fehlt bei denen, die Fakten schaffen, häufig ein Gefühl für ästhetische Kommunikation. Kunst kann vermitteln, anlernen und kritisch hinterfragen. Sie ist nicht nur Unterhaltung. Zwischen Kunst und Wissenschaft ist eine Symbiose möglich.
10. Radikalität braucht keine Waffen. Radikale Ideen und Utopien sind eine Notwendigkeit, aber sie dürfen nie wieder in eine humanitäre Katastrophe führen.
Manifesto for a new spirit (english Version)
Although the manifesto is an old-fashioned form of communication that stems from a a time, when the manual printing press was modern, but i do think in this age of active and passive disinformation and misinformation it is necessary to find room for clarity between an scientific finetuning of language and the poetic vision of metaphors and to fill it with substance.
Of course, such a collection of claims does not say anything about practicability. I’ve seen too much people retreating into their preaching to cope with the madness of the world. Ideally these points will inspire guidelines of action, because only action can free this world from its self-induced paralysis.
Don’t hesitate to share these ideas with others.
0. No picture will ever be finished or free of time. Too long have we seen nature as something static and insurmountable. At the same time the only constant of the universe seems to be Change itself. Only conservation in acknowledgment of the flowing nature of the universe will succeed. Only an ethics, which acknowledges and utilizes this, can facilitate lasting and sustainable improvement of the world. A fluid world view beyond the dead ends of totalitarianism and relativism sees itself not as static and eternal, but as a rearrangement of parameters in the interpretation of the worldwhole.
1. It follows: No system is without alternative. Beauty and horror of this universe consist in all possibility being available now and always. It is our responsibility as human beings (and not that of capital, nature, God or ideology), to recognize those possibilities and to use them. No alternative will transfer itself by itself from virtuality into reality.
2. Future Humans should be nomads of spirit. A clear commitment to diversity is not only necessary by conscience but also the only reliable source for strength and inspiration. Newness and robustness emerge from assemblage and heterogenesis, not from the oppression and exclusion of otherness. Engagement with the other will occasionally lead to conflict, but only curiosity can move us forward. Incestuous eternity will always and only become decay.
3. Alongside a mutation of thought beyond any frontier we will need a new simplicity of consumption. Too much resources have sunken forever into the abyss of expensive garbage that does not produce surplus value or even leave a taste.
4. Ecology is efficiency. It can neither be a return to subsistence farming nor an arrogant and naive ecofuturism. Beyond the horizon of growth-indexes and markets we must rediscover the multifunctionality and duration of things.
5. Remembrance is important. But the past should not be able to hold the future hostage. Retromania and nostalgia are an expression of procrastinating Absence of Ideas. Only if we use the present day to create a future, we will have something worth remembering. Upcycling and retrofuturism, the appreciation of objects, food and people can be well positioned as an alternative draft to massconsumption.
6. The Avantgarde nowadays reigns past its own innovations. The 20th century attempted to demystify art. What we got are a lot of revolutionary pictures hanging in closed-off luxury apartments and generate the most absurd prices for superhuman-sized speculative bubbles made of hot air. Art should be communication with the past, present or future, not an investment.
7. Rigidified structures are a dangerous thing. Like evolution which has created humanity ideas should open for eternal change. Utopia is practice, not a theory or a holy place.
8. Too much means for innovation belong to the powerful. On the other side there is the Open-Source-Rhizome of replication, availability, preservation and infiltration in service of the common good. Knowledge should not be locked and gated behind economic and sociocultural structures. We don’t need privileges for elites.
9. Scientific Thought has priority. At the same time, those who create facts often lack an intuition for aesthetic communication. Art conveys, teaches and asks critical questions. Art is not mere entertainment. Between art and science there can be symbiosis.
10. Radicality does not need weapons. Radical ideas and utopias are a necessity, but they should never again lead into humanitarian catastrophe.
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LeO Tiresias
Phasmate Nova – Politik und Kultur
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